„EINE FRAU. MARY PAGE MARLOWE“

Eine Frau. Vier Schauspielerinnen. Vier Lebensabschnitte. Ein Gesamtbild. Alexandra Liedtke brachte mit Tracy Letts „Eine Frau. Mary Page Marlowe“ ein grandios lebendiges Frauenschicksal auf die Bühne der Kammerspiele.
Ein Leben, das in elf Erinnerungsbruchstücken zum Gesamtbild wird.
Nach seinem mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Drama „Eine Familie“ entwirft US-Erfolgsdramatiker Tracy Letts mit seiner Tragicom „Eine Frau. Mary Page Marlowe“ in knapp einem Dutzend Szenen das Leben einer Mittelstandsfrau „in the Middle of Nowhere“ – mit all ihren Höhen und Tiefen. Nicht chronologisch versteht sich. Wie in Tarantino’s „Pulp Fiction“ muss sich der Zuseher die verschiedenen Lebensabschnitte erst Szene für Szene zusammen basteln um am Ende den so vielschichtigen Charakter von Mary Page Marlowe zu verstehen.
Doch wer ist Mary Page eigentlich? Aufgrund des etwas widersprüchlichen Bühnenbildes von Volker Hintermeier denkt man anfangs unweigerlich an eine Showbiz-Persönlichkeit, einen verblassten Star wie die alternde Hedy Lamarr oder zumindest eine so freche Schriftstellerin wie Dorothy Parker. Falsch gedacht. Mary Page, das ist eine stinknormale Frau, die ihren Job als Steuerberaterin ebenso liebt, wie den Mittagspausen-Sex mit ihrem Chef (Roman Schmelzer übertrifft sich hier als strippender Liebhaber Dan). Eine Mutter, die die Tragödie um ihren Sohn ebenso emotional mit Alkohol betäubt wie die Erkenntnis, die Fehler ihrer Eltern weiterzuleben.
Sandra Cervik gestaltet die Rolle der promiskuitiven Mutter und Ehefrau Mary Page im mittleren Alterssegment mit einer derart vielschichtigen Emotionalität, wie man sie nur selten am Theater erlebt (zuletzt sah man Cervik derart stark in den Stücken „Hochzeit auf Italienisch“, „Die Kameliendame“ und „Sieben Sekunden Ewigkeit“). Mit Haut und Haar spielt sie die abwechselnd überdreht-leichtsinnige wie auch verletzlich-sensible Mittelstandsamerikanerin. Diese Frau ist Feuer und Eis. Himmel und Hölle wohnen in ihr.
Sorgt ihr „Schreimoment“ bei Ehemann Nummer 2 (tolles Spiel von Marcus Bluhm) zwar für einen Gänsehautmoment, hätte man das ohnehin schon fesselnde Bild noch eventuell durch einen Chor der vier Darstellerinnen ergänzen können. Doch auch so sorgt Sandra Cervik für ein eindrucksvolles Bild einer Frau auf der Suche nach sich selbst. Zerrissen zwischen mütterlicher und ehelicher Verantwortung, ihren Träumen von Selbstbestimmtheit und einem vogelfreien Leben (in Paris) wie auch den Niederlagen und der daraus folgenden Resignation.
Vom Säugling Mary Page bis hin zur fast 70-Jährigen zaubert Regisseurin Alexandra Liedtke mit ineinandergreifenden Erinnerungsbruchstücken das dramatische Bild einer Frau im Kampf mit ihren inneren Dämonen, ihren Hoffnungen, Wendepunkten, Niederlagen und Einsichten. Werden hier die vier Schauspielerinnen (Livia Ernst, Johanna Mahaffy, Sandra Cervik, Babett Arens) symbolisch in kühlem Blau dargestellt (für die tollen Kostüme zeichnet Su Bühler verantwortlich), stellt sich die Frage, warum man noch zusätzlich ein Tuch durch alle Lebenssituationen weiter reichen muss, um die Figur so derart plakativ zu kennzeichnen.
Auch das Verflechten der vier Frauen zu einer Person wäre vielleicht noch eine Spur eindrucksvoller gewesen, hätte man Cerviks‘ Mary Page im Gespräch mit ihrem Seelenklemptner (Raphael von Bargen) teilweise mit der kindlichen Stimme von Livia Ernst sprechen lassen wie ja auch das Kind Mary Page der Nachkriegsjahre teils durch Cerviks Stimme gesprochen wird.
Denn das von ihrer Mutter kritisierte Kind erkennt schon früh genug, dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Während sie als Säugling die Alkoholexzesse und Streitereien ihrer Eltern (großartig: Silvia Meisterle und Nikolaus Barton) wohl nur peripher mitbekommen haben mag, erkennt das Schulmädchen Mary Page (Livia Ernst) längst die Probleme der mittlerweile alleinerziehenden, sich in Kritik übenden Mutter. Kein Wunder also, dass die 19-jährige College-Studentin Mary Page (neu am Haus und überzeugend: Johanna Mahaffy) weit anderes im Sinn hat als zu heiraten und Kinder zu bekommen.
Von ihren Freundinnen (sorgt mit ihrer lebendig-amüsanten Art für das Highlight des Abends: Gioia Osthoff und die nicht minder witzige „Tarotdame“ Swintha Gersthofer) lässt sie sich semi-professionell die Karten legen. Die letzte, die eine Karte wird sie ihr Leben lang begleiten. Auch dann noch, wenn die Tarot-Freundin längst an Krebs verstorben ist.
Doch es kommt im Leben immer anders als man will und so wird Mary Page Mutter zweier Kinder und Ehefrau dreier Männer. Erst im Alter, nach einigen Schicksalsschlägen, Alkoholvergiftungen und der daraus resultierenden Selbstreflektion scheint Mary bei Ehemann Nummer 3 (in seinem Element: Martin Zauner) endlich angekommen zu sein.
Sie hat längst ihre Strafe verbüßt, kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken und noch einmal neu anfangen. Im Gespräch mit einer Krankenschwester (entzückend: Martina Ebm) schließt sich letztendlich der (Lebens-)Kreis um Mary Page Marlowe aus „Scheiß“-Kentucky.
Am Ende gleicht sie ihrer Quilt-Decke, die nach vielen Generationen endlich einer Reinigung bedarf. Brüchig, aber noch ganz.
Wohl verdienter und ehrlicher Applaus für das gesamte Ensemble!
TRAILER: Jan Frankl
BESETZUNG
REGIE
Alexandra Liedtke
BÜHNENBILD
Volker Hintermeier
KOSTÜME
Su Bühler
MUSIK
Karsten Riedel
DRAMATURGIE
Cinja Kahl
LICHT
Sebastian Schubert
Mary Page Marlowe: Sandra Cervik
Mary Page Marlowe: Babett Arens
Mary Page Marlowe: Johanna Mahaffy
Mary Page Marlowe: Livia Ernst/ Lilly Krainz
Louis Gilbert, Mary Pages Sohn: Johannes Brandweiner/ Jona Schneeweis
Wendy Gilbert, Mary Pages Tochter: Lisa-Carolin Nemec
Ed Marlowe, Mary Pages Vater: Nikolaus Barton
Roberta Marlowe, Mary Pages Mutter: Silvia Meisterle
Connie: Gioia Osthoff
Lorna: Swintha Gersthofer
Therapeut: Raphael von Bargen
Krankenschwester: Martina Ebm
Ben: Igor Karbus
Dan, Liebhaber und Chef: Roman Schmelzer
Ray, Ehemann Nr. 2: Marcus Bluhm
Andy, Ehemann Nr.3: Martin Zauner
Theater in der Josefstadt
Josefstädterstraße 26
1080 Wien
WEBSITE: www.josefstadt.org
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„EINE FRAU. MARY PAGE MARLOWE“ am So, 12. Mai 2019 in den Kammerspielen
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